Kaltenkirchen (sw/ng) Eine kaiserliche Konzessionsurkunde bildet am 27. April 1883 den Grundstein für die AKN Eisenbahn AG. Seit dieser Zeit sorgt das Unternehmen zwischen Hamburg und dem südlichen Schleswig-Holstein für Mobilität im Alltag. Doch die beschaulichen Jahre der guten alten Zeit sind auch bei der AKN schon lange vorbei. Heute steht sie als ein modernes Eisenbahnunternehmen mit einer starken Position im Wettbewerb um Fahrgäste und Transportleistungen. Von Jahr zu Jahr wächst die Anzahl der Menschen, die die Angebote des Eisenbahnunternehmens zu schätzen wissen. Grund genug für das Wirtschaftsmagazin einmal mit AKN-Chef Wolfgang Seyb zu sprechen, der seit März 2012 hauptamtlicher Vorstand der AKN ist.

Herr Seyb, seit wann besteht die AKN Eisenbahn AG?
Die AKN Eisenbahn AG wurde vor fast 130 Jahren gegründet. Die AKN, wie man sie heute kennt, gibt es in dieser Form erst seit den 90er Jahren. Sie deckt den nördlichen Bereich der Metropolregion zwischen Hamburg, dem südlichen Schleswig-Holstein bis Neumünster ab. Seit über zehn Jahren gehört zur AKN noch das Tochterunternehmen NBE nordbahn Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG, die die Strecken Neumünster Bad Segeberg Bad Oldesloe sowie die Verbindung Neumünster Heide Büsum betreibt. Das Unternehmen gehört zu 50 Prozent der AKN Eisenbahn AG und zu 50 Prozent der BeNEX GmbH, einer Beteiligungsgesellschaft der Hamburger Hochbahn AG, für Verkehrsleistungen, die außerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg erbracht werden.

Die AKN Eisenbahn AG ist ein Unternehmen, das täglich direkt mit Kunden zu tun hat. Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie und worauf legen Sie besonderen Wert bei der Auswahl Ihrer Mitarbeiter?
Die AKN beschäftigt knapp 300 Mitarbeiter. Als ich zum neuen AKN-Chef ernannt wurde, war die AKN Eisenbahn AG bereits sehr gut aufgestellt. Denn die AKN und ich wissen, dass ein Unternehmen nur so gut sein kann wie seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei der AKN zu arbeiten heißt, in mittelständischen Strukturen Teamwork für gemeinsame Ziele vor Augen zu haben: Sicherheit, Pünktlichkeit, die schnelle Lösung möglicher auftretender Probleme und kundenfreundliche Betreuung, alles im Sinne unserer Fahrgäste. Offenheit für neue Herausforderungen, Leistungsbereitschaft und Professionalität sind dabei die Messlatte für den Erfolg.

Bilden Sie in Ihrem Unternehmen aus? Wie lange sind Ihre Mitarbeiter im Durchschnitt bei Ihnen beschäftigt?
Selbstverständlich bilden wir aus. Wie eben schon gesagt, bilden sie das Rückgrat des Unternehmens. Wir legen deshalb besonderen Wert auf die Ausbildung und Weiterbildung des eigenen Nachwuchses. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit bei der AKN beträgt 19 Jahre. Darauf sind wir besonders stolz, denn es ist ein Zeichen dafür, dass viel Wert auf eine gute und möglichst lange Zusammenarbeit gelegt wird. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich bei uns wohl und das ist auch gerade für die Zukunft eines Unternehmens wichtig.

Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre neuen Auszubildenden aus?
Für die Einstellung bei uns zählt nicht unbedingt der Schulabschluss, sondern vor allem das Interesse für die Materie und das notwendige Verständnis. So absolvieren die Interessenten häufig vorher ein Schulpraktikum, wodurch erste Eindrücke vermittelt werden können. Nach erfolgreich bestandener Ausbildung übernehmen wir unsere Auszubildenden gerne, soweit möglich. Bis zu fünf Berufseinsteiger in den Bereichen Industriemechaniker, IT System-Elektroniker und zum Bachelor of Arts, Fachrichtung Betriebswirtschaft, bildet die AKN pro Jahr in erster Linie für den Eigenbedarf aus. Nicht ohne Grund wurde die AKN von der IHK zu Lübeck für ihre seit über 10 Jahren kontinuierlich hohe Ausbildungsqualität mit dem Ausbildungs- Award ausgezeichnet.

Welche Kundengruppen sollen von Ihnen besonders angesprochen werden?
Zwei unterschiedliche Kundengruppen sollen besonders angesprochen werden. Zum einen die öffentliche Hand, die uns unterstützt, und zum anderen die Fahrgäste. Ich würde gerne sehen, dass mehr Kunden ihren Pkw zu Hause in der Garage stehen lassen und mit Rücksicht auf die Umwelt die Möglichkeiten der AKN nutzen. Es findet bereits ein Wertewandel bei der Akzeptanz der Bahn statt. Die emotionale Bindung zum Auto hat nicht mehr den großen Stellenwert wie früher. Für uns stellt dies natürlich eine Chance dar, mit unseren Angeboten die Fahrgäste zu überzeugen und noch mehr Kunden zu gewinnen. Wir verzeichnen bereits jetzt einen landesweiten Fahrgastzuwachs. Der Marktanteil von Bus und Bahn ist gegenüber dem Pkw gestiegen, ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend in Zukunft fortsetzen wird.
Sie haben es bereits angesprochen: Das wichtige Thema Umwelt. Welche Maßnahmen ergreift die AKN, um einen Beitrag zur Schonung der Umwelt zu leisten?
Auch wenn die Eisenbahn grundsätzlich das umweltfreundlichste motorisierte Verkehrsmittel ist, ergreift die AKN Maßnahmen, die ökologischen Standards bei der Instandhaltung, Wartung und Reinigung zu setzen. So verhindern beispielsweise entsprechende Auffangvorrichtungen bei der Tankanlage das Eindringen von Diesel in das Erdreich oder in die Kanalisation. Ein Wiederaufbereitungssystem der Waschanlage säubert das Waschwasser, damit es mehrfach benutzt und als Brauchwasser für das Betriebszentrum weiterverwendet werden kann. Ein wichtiger Aspekt zum Schutz der natürlichen Ressourcen ist zudem der sorgsame Umgang mit Trinkwasser. Bei der AKN wird das aufgefangene Regenwasser für die Toilettenspülung im Betriebszentrum und die Triebwagenwaschanlage verwendet. Darüber hinaus wird sämtliches Abwasser in der Waschanlage erst nach gründlicher Reinigung in die Kanalisation entlassen. Oder nehmen Sie unser neues Blockheizkraftwerk. Dies produziert nicht nur 480.000 KW/Std. Strom, sondern hilft uns jedes Jahr 180to CO2 einzusparen. Sie sehen, Ökologie ist unerlässlich und für die AKN ist es unverzichtbar, ihren Beitrag zur Schonung der Umwelt zu leisten.

Was zeichnet Ihr Unternehmen, im Verhältnis zum Mitbewerber, ganz besonders aus?
Das Besondere an der AKN ist, dass wir nicht nur auf über 33 Triebfahrzeuge zurückgreifen können, sondern auch über das passende Streckennetz und die Infrastruktur verfügen, und damit das gesamte Spektrum von Eisenbahn abdecken. Denn so wie unser Unternehmen aufgestellt ist, konnten und können wir unsere Kompetenz beispielsweise auch für Baumaßnahmen außerhalb des AKNStammnetzes einsetzen. Dadurch, dass wir im Vergleich zu vielen Mitbewerbern nicht Teil eines großen Konzerns sind, können wir flexibler reagieren.

Worin liegt das Geheimnis Ihres Erfolges?
Das Geheimnis des anhaltenden Erfolges der AKN liegt in der unbedingten Kundenorientierung: Der Fahrgast und seine Wünsche nach Qualität und Komfort stehen im Fokus und wir sind vor Ort in der Region. Ein umfangreiches Ausbauprogramm mit leistungsgerechten Strecken und einladenden Bahnhöfen liefert die Visitenkarte zum Erfolg.

Sie legen besonders hohen Wert auf Qualität. Wie achten Sie darauf, dass diese immer gewährleistet ist?
Die herausragende Qualität haben wir vor allem dem Qualitätsbewusstsein unserer Mitarbeiter zu verdanken, die sich u. a. um die Instandhaltung unserer Bahnhöfe und Züge kümmern. Im Sommer 2012 hat das Stationsbüro der LVS Schleswig-Holstein den Zustand von 169 Bahnstationen in Schleswig- Holstein einer detaillierten Qualitätskontrolle unterzogen. Wir sind ganz besonders stolz darauf, dass die AKN mit der Gesamtnote 1,67 insgesamt wieder eine überdurchschnittlich gute Bewertung erzielte. Wir sind ein regionales Unternehmen und können unseren Kunden dementsprechend immer optimal regional angepasste Lösungen bieten. Auch bei der Pünktlichkeit liegen wir im Vergleich zu anderen Bahnnetzen an der Spitze in Schleswig- Holstein. Dies liegt am Zusammenspiel unserer Mitarbieter aus dem Fahrdienst, der Wartung und der Infrastrukturbetreuung.

Wie sehen Sie die aktuelle Situation? Sind Sie mit Ihrem beruflichen Schritt zur AKN zufrieden?
Nun, es ist noch zu früh für eine Gesamtbeurteilung der Situation. Ich kann aber eindeutig sagen, dass ich den Schritt in den AKN Vorstand nie bereut habe. Ich komme mit allen Mitarbeitern sehr gut zurecht und freue mich jeden Tag aufs Neue auf die Zusammenarbeit.

Was planen Sie für die Zukunft, gibt es konkrete Pläne, die Sie bald umsetzen möchten?
Ich sehe am gesamten Schienenmarkt große Wachstumschancen. Unsere Infrastrukturkompetenz wird dabei helfen, den Bahnverkehr auch im Norden weiter auszubauen. Im Jahr 2013 müssen wir zudem die Weichen für neue Fahrzeuge stellen, da ein Teil unserer Flotte noch aus den 70er Jahren stammt.

Was hilft Ihnen dabei, auf Ihr Unternehmen und dessen Leistungen aufmerksam zu machen?
Neben Maßnahmen wie beispielsweise Kundenflyer, Internet und Plakaten, suchen wir vor allem den direkten Kontakt zu unseren Kunden. Neben Mobilitätstrainings, bei denen wir nicht nur den Tarif und die Fahrkartenautomaten erklären, sondern viele Ausflugtipps und spezielle Angebote vorstellen, sind wir mit Infoständen auf Wochenmärkten präsent oder bieten Erlebnistage für Schulen an. In persönlichen Gesprächen kann man einfach am besten seine Angebote vorstellen, und vor allem die Wünsche und Probleme der Menschen erfahren. Denn nur so können wir unsere Leistungen den Bedürfnissen der Fahrgäste anpassen.

Wie beurteilen Sie den Standort Kaltenkirchen als Hauptsitz der AKN, heute und in der Zukunft?
Der Standort Kaltenkirchen befindet sich mitten in unserem Verkehrsgebiet. Die Werkstatt für unsere Züge befindet sich hier, ist aus allen Richtungen gut zu erreichen. Gerade durch diese zentrale Lage eignet sich Kaltenkirchen optimal als Firmensitz. Dies war mit der Grund, das Stellwerk und alle anderen Unternehmensbereiche zentral an diesem Ort zu bündeln.

Sind Sie mit der Politik vor Ort zufrieden?
Ich habe ein gutes Verhältnis zu den Bürgermeistern der Orte an den AKN-Strecken. Es freut mich, dass dort der Wert einer Schienenanbindung für die Kommunen erkannt wird und die AKN entsprechend konstruktiv unterstützt wird.

Bild oben: „Die AKN ist ein gut aufgestellter Dienstleister mit erheblichen Potenzialen. Ich möchte dazu beitragen, das Unternehmen weiter zu entwickeln“, so AKN-Chef Wolfgang Seyb.