Neumünster (mp) 1.040 Mitarbeiter, 100 Auszubildende, 49 Filialen und eine Bilanzsumme von 5.255 Millionen Euro im Jahr 2010 damit gehört die Sparkasse Südholstein zu den größten Sparkassen in Schleswig-Holstein. Jeder Kunde ob Privatkunde mit kleinem Einkommen oder großem Vermögen, ob kleiner Unternehmer oder international agierender Mittelständler erhält bei der Sparkasse Südholstein optimale Lösungen für seine Bedürfnisse, verbunden mit einer persönlichen Beratung. Vorstandsvorsitzender Ralph Schmieder und Martin Deertz, Vorstandsmitglied für das Firmenkundengeschäft, standen Sven Boysen, Verlagsleiter, im Interview Rede und Antwort zu aktuellen Themen.

Vor wenigen Wochen wurde in einer deutschen Großbank, die intensiv vom Staat gestützt wird, als positive Neuerung eingeführt, dass der so genannte „Arschtritt- Freitag“ bei denen die Mitarbeiter gemaßregelt werden, wenn sie ihre Vertriebsziele nicht erreicht haben, abgeschafft werden soll. Beim Lesen dieser Nachricht fragen sich Kunden, ob sie noch eine faire Beratung von ihrer Bank erwarten können oder, ob man bei einer Drückerkolonne mit festem Wohnsitz gelandet ist. Wie handhaben Sie es bei der Sparkasse Südholstein, um in der Waage zu bleiben zwischen notwendigem Ertrag und fairer Beratung?

Ralph Schmieder: Banker haben momentan in der Tat keine gute Lobby. Das sah mal ganz anders aus. Als ich Mitte der achtziger Jahre gelernt habe, gehörte Bankkaufmann zu den Top drei der angesehenen Berufe. Und zu Zeiten meines Großvaters waren der Sparkassen-Direktor, der Bürgermeister, der Pastor und der Mann von der Post die Personen, die das größte Vertrauen genossen. Doch genau das Thema Vertrauen hat seit der Finanzkrise 2007 sehr gelitten. Leider wurden in diesem Zusammenhang alle Finanzdienstleister in einen Sack gesteckt. Viele denken: Banker ist Banker und alle Geschäftsmodelle sind gleich. Sie differenzieren vielfach nicht zwischen Großbank, Genossenschaftsbank und Sparkasse. Unser Vorteil als Sparkasse ist, dass wir gut vernetzt, überall bekannt und mit vielen Filialen vor Ort sind. Für eine Großbank, die weiter weg ist und einen regionalen Marktanteil von wenigen Prozent hat, ist es schwieriger, Vertrauen zu transportieren. Von Mitarbeitern, die wir von anderen Banken übernommen haben, wissen wir, dass dort teilweise morgens auf dem Bildschirm steht, welche zehn Produkte an welche zehn Kunden zu verkaufen sind. Natürlich ist Verkaufen wichtig, da man sonst nichts hat, womit man die Gehälter bezahlen kann. Aber eine ordentliche Beratung und Verkauf sind kein Widerspruch. Als Sparkasse sind wir in der Region verwurzelt und wollen unseren Kunden auch in 15 Jahren noch ohne schlechtes Gewissen in die Augen schauen können. Deshalb können wir nicht kurzfristig irgendwelche Drückeraktivitäten entfalten. Wir gehen so vor, dass wir zuerst gemeinsam mit unserem Kunden seinen Bedarf und seine Risikobereitschaft einschätzen. Dann ermitteln wir, welche von unseren Produkten zum Bedarf des jeweiligen Kunden passen. Das Wichtigste ist, am Ende einer Beratung bestätigen zu können: „Das, was du hier kaufst, ist ordentlich und das brauchst du.“ Aber vorher schon zu sagen „Ich muss diese Produkte verkaufen also suche ich mir die passenden Kunden dazu“, ist kein seriöser Weg. Das führt dazu, dass Kunden ausgesucht werden, die am wenigsten Widerstand leisten. Und nicht diejenigen, die tatsächlich einen Bedarf haben.

Kann ein Banker alle Produkte und Fonds, wie zum Beispiel „DB Platinum Alpha Collect R1C1“, noch kennen?

Martin Deertz: Erst einmal möchte ich betonen, dass dies keiner unserer Fonds ist. Davon abgesehen, kommen wir nicht drum herum, Know-how zu bündeln, zum Beispiel, wenn wir im Privatkundengeschäft in eine strukturierte Anlageberatung einsteigen, bei der der Kunde in verschiedene Klassen investieren möchte, darunter Investmentfonts, Aktientitel und festverzinsliche Wertpapiere. Dann wird bei uns ein Vermögensberater mit speziellem Wissen zu diesen Themen hinzugezogen. Eine derartig spezialisierte Beratung ist in der Breite nicht von jedem Mitarbeiter in der Filiale abdeckbar und das ist auch nicht gewollt. Wir möchten gar nicht, dass jeder einzelne Berater am besten selbst recherchierend einem Kunden einen Fonds á la „R1C1“ erklärt. Zum einen ist dafür diese Welt viel zu komplex geworden. Zum anderen kann das auch gegenüber den Kunden nicht bedarfsgerecht sein, denn derartige Produkte sprechen nur einen gewissen Prozentsatz der Kunden an. In der Breite sind es andere Anlagen, die besser zu den Kunden passen. Daher kommt es im Grunde nicht vor, dass ein Filialmitarbeiter Aktien verkauft. Er verkauft keine komplizierten Finanzprodukte, sondern hat eine Palette von rund 20 Bank- und Versicherungsprodukten. Und damit haben dann 90 Prozent der Kunden, die in die Filiale kommen, den richtigen Ansprechpartner. Bei uns gibt es im Zweifel lieber das Knax-Knete Konto statt den 17. Private Fidelity-Fonds.

Ralph Schmieder: Die letzten Jahre haben gezeigt: Das Thema Beratungsqualität ist extrem wichtig. Der Verbraucherschutz wird in dieser Hinsicht zunehmend gestärkt, denn manch ein Bankberater hat seine eigenen Produkte gar nicht verstanden und der Kunde erst recht nicht. Wir als Sparkasse möchten nur Produkte verkaufen, die wir selber verstehen, und diese auch erst verkaufen, wenn der Kunde sie verstanden hat. Das ist ein Teil unserer Philosophie. Wir haben rund 280.000 Kunden und wir versuchen, alle bedarfsgerecht zu beraten, egal ob sie vermögend oder Hartz-4-Empfänger sind. Jemand, der 1.000 Euro netto hat und eine Familie ernähren muss, der hat einfach nicht den Bedarf an Finanzprodukten, wie jemand der frisch fertig studiert hat, noch ledig ist, aber schon 3.000 Euro netto verdient und ganz andere Ziele und Wünsche hat. Also kann ich diesen Menschen, ohne dass ich ihnen etwas Böses tue, unterschiedliche Produktpaletten, Beraterqualifikationen und Intensität der Beratung an die Hand geben. Und trotzdem ist der jeweilige Kunde ganzheitlich und individuell beraten. Interessanterweise ist vieles, was jetzt vom Verbraucherschutzministerium an Regelungen kommt, genau das, was wir mit unserer Bedarfsanalyse grundsätzlich schon machen. Leider ist jedoch der Aufwand, der zum Beispiel bei Wertpapierberatungen zusätzlich betrieben werden muss, unverhältnismäßig groß. So ist der einzelne Berater inzwischen dazu verpflichtet, nach dem eigentlichen Beratungsgespräch mit dem Kunden, auf 5 bis 10 DIN A4 Seiten - und teilweise auch mehr - die gesamte Beratung detailliert zu protokollieren. Gemessen an dem Umstand, dass kaum jemand diese Protokolle noch einmal anschaut, ist das ein enormer Aufwand. Aber der Sinn und das Ziel dahinter sind richtig und deshalb müssen wir jetzt damit leben.

Reisebüros schicken ihre Mitarbeiter in die Urlaubsziele, damit sie ihren Kunden sagen können: „Nehmen Sie nicht den Muschelstrand direkt vorm Hotel, 200 Meter weiter gibt es einen tollen Sandstrand.“ Das stelle ich mir bei einem Banker schwierig vor. Kann ein Banker noch so reingucken und sich so in der „Welt“ auskennen?

Ralph Schmieder: Mit allen Details soll sich der einzelne Bankberater ja nicht beschäftigen. Dafür haben wir unsere Spezialisten. Die Hauptaufgabe unserer Kundenberater ist es, die Komplexität rauszunehmen und damit den Kunden eine Entscheidungshilfe an die Hand zu geben. Er muss die Informationen so bündeln, dass das Wesentliche beim Kunden ankommt und er es verstehen kann. Dabei schaut er vernünftigerweise, was der jeweilige Kunde für einen Beratungsbedarf hat und was zu seiner Risikoneigung passt. Auch der Berater muss dabei im Sinne des Kunden ein gutes Gefühl haben. Wenn man bedenkt, was von Seiten der Bankenaufsicht mit den Beraterregistern geplant ist, läuft es darauf hinaus, dass die Berater bei einer Fehlberatung persönlich belangt werden können. Darüber hinaus wählen wir vorher schon aus, welche Produkte wir unseren Kunden anbieten können. Und deshalb kommt bei uns auch nichts Exotisches in den Verkauf. Natürlich verkaufen wir an unseren Kunden mit großem Vermögen auch einmal eine Schiffsbeteiligung oder ähnliches. Aber diese Produkte verkaufen wir auch nur, wenn wir sie vorher gewissenhaft geprüft haben. Es passiert auch mal, dass ein Kunde kommt und sagt, er möchte sich zum Beispiel an Plantagen in Paraguay beteiligen. Das kann er natürlich machen, aber dann ohne Beratung unsererseits.

Martin Deertz: In diesem Fall wird schriftlich festgehalten, dass ein Verkauf ohne Beratung stattgefunden hat. Der Kunde sollte nicht die Bank wechseln müssen, wenn er ein bestimmtes Produkt wünscht, das wir nicht empfehlen können. Allerdings reden wir hier meist über eine kleine Klientel. Den Kundenbestand der Sparkasse kann man sich wie eine klassische Pyramide vorstellen. Als Sparkasse decken wir mehr das breite Geschäft ab, diese Kunden bilden die Basis der Pyramide. An der Spitze haben wir aber natürlich auch die sehr Vermögenden, die dann auch mal einen Platinumfonds „R1C1“ haben möchten. Diesen nehmen wir dann gerne mit in ihr Depot auf, aber - wie gesagt - ohne Beratung unsererseits. Denn wir verkaufen nur Produkte, hinter denen wir stehen können. Uns ist langjährige Bindung wichtiger als schneller Profit.

Die Sparkasse Südholstein ist aufgestellt im Kreis Segeberg, im Kreis Pinneberg und in Neumünster. Gibt es in den Gebieten Unterschiede?

Martin Deertz: Da gibt es durchaus Unterschiede, denen wir als Sparkasse Rechnung tragen müssen. Auch das ist Sparkasse: Auf regionale Besonderheiten bei Kreisen und Städten, die gar nicht so weit auseinander liegen mögen, und deren Unterschiede auf den ersten Blick gar nicht erkennbar sind, einzugehen.

Herrscht um Norderstedt ein Kampf mit der Haspa?

Ralph Schmieder: Es herrscht ein gesunder Wettbewerb zwischen der Haspa und uns.

Wettbewerber oder Anteilseigner?

Ralph Schmieder: Wettbewerber. Anteilseigner wollen wir gerne. Ich war schon immer ein Freund der Beteiligung der HASPA Finanzholding. Das Thema wird gerade neu besprochen. Was manchmal ein bisschen untergeht ist, dass die Sparkassen in Schleswig-Holstein und die Haspa zum Beispiel schon seit Jahren eine gemeinsame Bausparkasse und einen gemeinsamen Zahlungsverkehr haben. So bilden wir im schon heute gemeinsam eine größere Einheit.

Vor ca. 25 Jahren ist ein Banker, wenn ein Bauer einen Kredit für einen Mercedes haben wollte, zum Feld gefahren und hat geguckt, wie das Maisfeld aussieht, wie der aktuelle Wert von Mais ist und wie die Wetterprognose aussieht. Ist es heute noch so leicht einen Kredit zu bekommen?

Martin Deertz: Ganz so leicht ist es heute nicht mehr. Früher war es vielleicht eine Seite Papier, die der Bauer für einen Kredit ausfüllen musste. Heute sind es schon mal ein paar Seiten mehr. Wir haben als Sparkasse eine Verantwortung gegenüber unseren Kunden. Wir beraten ihn vorher ausführlich, ob es sinnvoll ist, jetzt einen Kredit aufzunehmen. Es bringt uns nichts, wenn er sich selbst damit übernimmt. Wir kennen unsere Kunden zum Teil seit 25 Jahren und mehr, das spielt natürlich auch bei der Entscheidung eine Rolle.

Ralph Schmieder: Wir schauen vor der Vergabe eines Kredits, mit wem wir es zu tun haben. Aber als Sparkasse sind wir schon schlanker, schneller und regionaler als mancher Wettbewerber.

2010 haben Sie für die Betreuung Ihrer Firmenkunden ein eigenes Vorstandsressort geschaffen. Welche Bedeutung hat das Geschäft mit dem Mittelstand für Sie und was bietet die Sparkasse Südholstein, was andere Kreditinstitute nicht haben?

Martin Deertz: Das Geschäft mit den Unternehmern, insbesondere dem Mittelstand in der Region, gehört zu den absoluten Schwerpunkten unseres Kundengeschäfts. Und zwar in doppelter Hinsicht: Zum einen ist das Kreditgeschäft eine unserer wesentlichen Ertragsquellen. Zum anderen gehört die Wirtschaftsförderung und Kreditversorgung der Unternehmen in Zusammenhang mit der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu unserem öffentlichen Auftrag, den wir sehr ernst nehmen. Ein Sparkasse unserer Größe vereint zwei wesentliche Vorteile: Als traditionelle Sparkasse sind wir vor Ort, kennen die Region und ihre Bedürfnisse. Das ist eine Stärke, die durch die Finanzmarktkrise eine neue Wertigkeit erfahren hat. Als eine der großen Sparkassen in Schleswig-Holstein bieten wir darüber hinaus ein unschlagbares Know-how in allen Themen, die für unsere Firmenkunden wichtig sind. Wir haben Spezialisten im Haus, von denen andere nur schwärmen können. Dazu gehören Experten für Leasing, Landwirtschaft und Auslandsgeschäft genau so wie Versicherungs- und Vorsorgespezialisten, Vermögensmanager und Private-Banking-Betreuer. Ich möchte die Wahrnehmung der Sparkasse Südholstein bei den Firmenkunden stärken, vor allem bei den kleineren Mittelständlern und Handwerksbetrieben. Mit Präsenz in der Fläche und persönliche Kommunikation auf Augenhöhe möchte ich mit meinem 130-köpfigen Team partnerschaftliche Beziehungen aufbauen. Denn das Firmenkundengeschäft lebt wie kein anderes Geschäftsfeld von der persönlichen Einschätzung der handelnden Personen. Das Wort Partnerschaft beziehe ich dabei immer auf beide Seiten, in guten wie in schlechten Zeiten. Hierauf lege ich sehr großen Wert.

Wie ist Ihre Prognose: Wird es den Euro in 10 bis 15 Jahren noch geben?

Ralph Schmieder: Ja, ich denke schon. Ob noch jedes Land, das aktuell den Euro hat, auch in Zukunft dabei sein wird, ist die Frage. Eine gemeinsame Währung sorgt auch für eine politische Stabilität und ein friedliches Miteinander in Europa. Ich glaube, dass es früher oder später zu Eurobonds oder zumindest zu einer Haftung der Starken für die Schwachen kommen wird. Zuvor jedoch halte ich eine Angleichung der Wirtschaftpolitik sowie die maßvolle Angleichung von Einkommens- und Steuerniveau für notwendig.

Wenn ein Kunde gerade 100.000 Euro geerbt hätte, wie sollte er das Geld am besten investieren in Hinblick auf die aktuellen Euroturbolenzen?

Ralph Schmieder: Einen Teil des Geldes würde ich in Investmentfonds anlegen je nach Risikoneigung gestreut auf verschiedene Anlageklassen -, in Rentenpapiere, Immobilien und internationale Aktien. Maximal 10 % würde ich in Gold investieren, da Gold sehr hohen Schwankungen unterliegt und keine laufenden Erträge bringt. Und natürlich gehört ein Teil der Summe auf das gute alte Sparkassenbuch!

Foto: Sven Boysen im Gespräch mit Martin Deertz, Vorstandsmitglied der Sparkasse Südholstein, und Ralph Schmieder, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Südholstein. Martin Deertz und Ralph Schmieder sind sich einig: „Wir möchten unseren Kunden auch in 15 Jahren noch in die Augen gucken können.“