Hamburg (em/mr) Statt den Handwerker- Nachwuchs aufzugeben und die Flinte ins Korn zu werfen, setzt Herbert Herford, ein Hamburger Elektrofachbetrieb, auf mehr Selbstständigkeit und das bereits in der Ausbildung. Beim LIKA 4.0 Programm fahren Auszubildende zu informierten Kunden und führen konkrete Aufträge selbstständig aus. Und die Resonanz ist gut.

Der Nachwuchsmangel im Handwerk stellt viele Unternehmen vor eine zunehmend größere Herausforderung. Sven Boevelka, Geschäftsführer der Herbert Herford GmbH, hat ein Mittel dagegen gefunden. Er hat sich von der Idee des Projektes „Lernen im Kundenauftrag“ (kurz LIKA 4.0) begeistern und mitreißen lassen. Der Gedanke dahinter: Auszubildende führen Elektroarbeiten selbstständig durch und nutzen dazu intensiv digitale Applikationen zur Auftragsorganisation und Abwicklung. Ein Meister überprüft in einem nachträglichen Termin die Richtigkeit der Ausführung und gibt den Azubis Feedback. Die Erfahrungen zeigen, dass diese Art zu arbeiten enorm motivierend ist wohlgemerkt für beide Seiten: Auszubildende und Ausbilder. „Wenn wir uns dem Schicksal ergeben, dürfen wir uns nicht beschweren, wenn es morgen keine Handwerker mehr gibt“, sagt Sven Boevelka und ergänzt: „Wir müssen die Ausbildung grundlegend revolutionieren.“

Er führt einen Elektrofachhandwerksbetrieb in Hamburg mit über 20 Mitarbeitern und bildet seit Jahren aktiv junge Menschen aus auch jene mit Migrationshintergrund die schon in der Ausbildungszeit selbstständig Kundenaufträge ausführen und dabei unterwegs im eigenen Kundenfahrzeug sind.

Wie bei den anspruchsvollen Projekten in Sachen Elektroinstallation, hat Sven Boevelka auch hier nichts dem Zufall überlassen. Er bestellte eigens für das Projekt LIKA 4.0 ein neues Fahrzeug einen Mercedes Benz Vito. Damit die Auszubildenden mit Stolz den Wagen fahren, beauftragte er eine Kommunikationsagentur für die Gestaltung und einen professionellen Fahrzeugbeschrifter für die Realisation. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und macht ordentlich Eindruck. „Ich freue mich sehr, damit zu Kunden in ganz Hamburg fahren zu dürfen. Das sieht sehr abgefahren aus“, sagt Lukas Semke, Auszubildender im 2. Lehrjahr bei Herbert Herford GmbH, der ein duales Studium absolviert.

Amir Tabriznia ist im 2. Lehrjahr und kommt aus dem Iran. Sein Azubi-Kollege Alex Meta, im 1. Lehrjahr und aus Albanien, ist ebenfalls bis in die Haarspitzen motiviert und freut sich über so viel Vertrauen. „Wem Vertrauen geschenkt wird und wer mit bestem Equipment arbeiten kann, erlebt, dass Handwerk einfach klasse ist und dass es keines Studiums bedarf, um erfolgreich zu sein“, sagt Kerstin Boevelka, Ehefrau von Geschäftsführer Sven Boevelka und ebenfalls im Unternehmen tätig. Bei diesem Projekt geht es um „digital gestütztes, kooperatives Lernen im Kundenauftrag, bei dem die Kooperationspartner ein innovatives, digital gestütztes Ausbildungskonzept (LIKA) für die handwerkliche Berufsausbildung entwickeln. Mit digitaler Unterstützung entsteht dabei ein völlig neues Ausbildungskonzept für das Handwerk, in dem Lernen und Arbeiten über alle Geschäftsprozesse hinweg verknüpft und optimiert werden. Diese Form des Lernens ist in Deutschland einmalig und Teil eines Forschungsvorhabens in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen und dem Institut für Technik und Bildung (ITB).

Foto: Am Steuer ihres neuen Dienstfahrzeugs: Lukas Semke (re.) und Amir Tabriznia (l.) ©herford-elektro.de