Buchholz (em/ab) Jeder kennt wohl Gedanken wie diesen: „Woher nehmen, wenn nicht stehlen?“ Was genau ist gemeint?
Zeit! Es geht um Zeit für soziale Kompetenz im Umgang miteinander. Beruflich und persönlich mit Wertschätzung gut zu kommunizieren. Zeit für Menschen. Zeit für die Menschen in unserem Umfeld, in unserer Organisation. Zeit für ihre Ideen, Zeit für Probleme, Zeit für wertfreie Überlegungen, Zeit für Beziehungsarbeit und Vertrauensbildung.

Was treibt uns an, dass wir uns diese Zeit nicht nehmen? Welche Verhaltensmuster steuern unbewusst unser Handeln? Die Entwicklung einer Führungskraft beruht auf 3 Stufen. Diese startet mit der Fachkompetenz über die emotionale Ebene und mündet in der Managementebene. Oftmals als Getriebene, nur den schnellen Erfolg im Fokus, überspringen einige die soziale Ebene. Das sei der „Weichspülfaktor“, den keiner braucht. Falsch! Es ist die Ebene, in der es um Menschen, Vertrauen und Motivation in der Arbeitsbeziehung geht. Langfristig betrachtet geht es um Mitarbeiterzufriedenheit, Selbstbestimmung, Mit-Denken, Mit-Handeln, Mit-Wirken und ganz wichtig: Freude am Erfolg. Wieviel Menschen kennen Sie in Ihrem Unternehmen, die am Montag schon an Freitag denken und sich darauf fokussieren? Die linksstehende Grafik zum Handlungsfeld „Führen mit sozialer Kompetenz“ gibt eine Orientierung in dem vielerorts beschriebenen Führungsdschungel. Im Mittelpunkt der Motivation, Wertschätzung, Kommunikation und Entschlossenheit steht immer der Mensch. Dieser wird geleitet von Motiven, welche sich in seinen Werten, seiner inneren Haltung, seiner Klarheit und seines Antriebs ausdrücken. Gleiches gilt für den wertschätzenden Umgang in der Kommunikation und somit für die Kraft und den Mut Entscheidungen zu treffen und diese klar zu vertreten. Letztendlich geht es immer darum, ein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich zu führen. Dafür braucht es Führungskräfte, die wertschätzend und klar Entscheidungen kommunizieren, für Ziele sorgen, ganzheitlich denken und Potenziale erkennen und fördern. Führungskräfte haben somit vielfältige Rollen auszufüllen und es liegt auch an ihnen, die korrekte Rolle in einer jeweiligen Situation einzunehmen. Wobei das Führen mit sozialer Kompetenz keine Einbahnstraße ist. Führungskräfte brauchen für den gemeinsamen Erfolg Mitarbeiter, die sich auch führen lassen wollen. Eine Beziehung auf Augenhöhe gewährleistet dann die wertschätzende Kommunikation.

Verhalten in der Arbeitsbeziehung
Ein Fallbeispiel: Als absoluter Experte auf seinem Gebiet hatte Kollege Früh, ein Teammitglied, eine informelle Rolle übernommen und polarisierte entsprechend in der Abteilung. Dieser Mitarbeiter konnte sich auf einige seiner Kollegen verlassen und so hat ihm diese „Verbundenheit“ manches Mal das Ergebnis gerettet. Auf seine Kollegin Spät, welche eine Schlüsselposition innehatte, konnte er sich dabei stets verlassen. Nun kam Kollegin Spät mit einem Problemfall auf ihn zu und fragte ihn um Rat. Sie wusste, dass sie auf ihn genauso zählen kann, wie er auf sie und legte los. Plötzlich, mitten im Gespräch, kippte die Stimmung spürbar für Frau Spät. Der Kollege Früh fragte sie doch tatsächlich vorwurfsvoll: „Warum arbeitest du so umständlich? Du musst dir doch darüber im Klaren sein, dass es so, wie du es jetzt angefangen hast, nicht funktioniert und viel zu lange dauert. Hättest du erst nachgedacht, bevor du anfängst, wäre das Problem gar nicht aufgetreten.“ Die Kollegin Spät darauf verletzt: „Bitte? Das habe ich jetzt gerade gebraucht. Danke für deine Hilfe. Da weiß ich ja jetzt, wen ich künftig nicht mehr frage!“ Die Auflösung dieser Situation gibt uns die systemische Transaktionsanalyse. Mit dem Wissen von unterschiedlichen Verhaltensmustern lässt sich anhand des Ich-Zustandsmodells erklären, was passierte. Aus dem gelernten Verhaltensmuster des Eltern-Ich-Zustands reagierte Kollege Früh direktiv auf die Frage der Kollegin Spät. Er war sich in dem Moment über seine Art des Handelns nicht klar bewusst, was dazu führte, dass die Kollegin Spät in das Verhaltensmuster des trotzigen Kind-Ich-Zustands rutschte. Die Kommunikation erfolgte nicht auf Augenhöhe, sie erfolgte diagonal, von oben nach unten und missglückte. Wäre Kollege Früh reflektiert in seinem Verhalten, wäre er einfühlsamer mit Kollegin Spät umgegangen und hätte möglicherweise mehr Fragen zur Ausgangssituation gestellt. Er hätte sie gefragt, ob sie seine Meinung hören möchte und ihr diese nicht aufgedrückt. Möglicherweise hätte sie schließlich die Lösung selbst gefunden. Dazu hätte auch gehört, dass sie ihre Autonomie behält.

Selbstreflektion
Eine Führungskraft sowie jeder Mensch, der sich aus der Komfortzone in die Wachstumszone bewegen will, hat mehrere Möglichkeiten die Fähigkeit der Selbstreflektion zu lernen, um eben nicht aus der Rolle zu fallen. Dann passt es mit der Abgrenzung, der Autonomie und der Stimmigkeit zu der eingenommenen Rolle als Führungskraft. Menschen führen. Das setzt das Bewusstsein voraus, was es heißt, sich selbst wertschätzend zu führen. Jeder Chef kann eine gute Führungskraft sein, wenn er sich darauf einlässt, dass der Mensch der Schlüssel zumErfolg ist.
Foto: Elke Riechert, Unternehmensberatung & Coaching: "Menschen im Mittelpunkt"