Linz (em/fg) Sinnlose PowerPoint-Meetings mit überladenen Folien? Diese Zeiten sind vorbei! Patrick Nini stellt brauchbare und geeignete Alternativen zur „Krücke Power- Point“ vor. Ein effektiver Nutzen für Präsentierende und Zuhörer.

Vor einiger Zeit fuhr ich mit dem Zug von Zürich nach Linz. Üblicherweise geht der Steward durch die Waggons und fragt „Darf’s noch ein Getränk für Sie sein?“. Nicht so an diesem Tag. Seine Frage lautete, auch eine Spur dringlicher: „Kennt sich hier jemand mit PowerPoint aus?“

Der Steward stellte mir Christian vor, einen sportlichen Manager um die 40 Jahre, dem die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben stand. Er arbeitete an seiner Präsentation für einen Versicherungskonzern, die er noch an diesem Abend halten sollte. Vor 300 Mitarbeitern sollte er die Auswirkungen sportlicher Aktivitäten auf die Gesundheit seiner Kunden vorstellen.

Christians Präsentation schien zu scheitern, denn das Dateiformat war beschädigt und die Datei ließ sich nicht mehr öffnen. „Wissen Sie“, sagte er verzweifelt, „mein gesamtes Wissen steckt da drin!“ Ich frage: „Warum stecken Sie Ihr Wissen in Folien? In Ihrem Kopf ist es viel besser aufgehoben!“

Sich 100 % auf Folien zu verlassen, ist ein fataler Fehler: Bei technischen Schwierigkeiten hätte Christian gar nicht präsentieren können. Zum anderen wäre ein Folien-Vortrag nicht authentisch geworden, weil er inhaltlich abhängig ist. PowerPoint-Folien sind wie eine Krücke, ohne die Sie nicht frei gehen können. Es nötigt Sie förmlich, Ihren Inhalt in Bullet- Points einzutragen und loszufeuern. Die Folge davon hat Christian auf die harte Tour gelernt: Er sah den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und wusste gar nicht mehr so genau, was er eigentlich vortragen wollte. Und genau so hätte er auch präsentiert: unsicher! Für das Publikum ist das sehr unangenehm.

So provokant es klingt: Der Großteil der Präsentationen ist für den Mülleimer! Um die Motivation von Mitarbeitern und das Interesse von Kunden zu gewinnen, müssen Sie wertvoll mit der Zeit Ihrer Zuhörer umgehen.

DUMP your Presentation!
Erstellen Sie ein Präsentationskonzept. Ich bin überzeugt, der Großteil der Manager könnte sehr gut präsentieren, sie wissen nur noch nicht wie. Der Standard überzeugt heute niemanden mehr. Schauen wir in die Zeit, als Rhetorik zu blühen begann: die Antike.

Die Entwicklungsstadien einer Präsentation

  1. Inventio Inhalte finden: Kernbotschaft, Argumente, Geschichten
    Legen Sie die Folien zur Seite. Starten Sie mit Brainstorming. Erarbeiten Sie Ihre Inhalte auf einem Post-It.

  2. Dispositio Struktur
    Strukturieren Sie Ihre Inhalte. Suchen Sie sich eine geeignete Struktur, etwa chronologisch oder aufsteigend. Erstellen Sie nun Ihre Folien. Beachten Sie jedoch: Ihre Folien dürfen nie die treibende Kraft Ihrer Präsentation werden.

  3. Elocutio Sprachliche Stärke
    Üben Sie Ihre Präsentation ohne Folien vor dem Spiegel. Überlegen Sie sich vorab, was sie sagen möchten. Welche Sprache holt Ihre Zuhörer ab. Sind Sie etwa ein Software-Entwickler, der seine neueste Software präsentiert, könnte der Begriff Apache bei vielen Zuhörern ein Bild von Winnetou auslösen. Nicht alle wissen, dass es sich bei Apache um einen der meistgenutzten Webserver handelt. Hier kann Sprache eine unnötige Barriere sein.

  4. Memoria Inhalt merken
    Wählen Sie einen Raum und verknüpfen Sie Ihre Inhaltsobjekte mit Objekten in diesem Raum. Arbeiten Sie mit diesen Eselsbrücken und gehen Sie vor und während der Präsentation gedanklich durch Ihren Assoziationsraum.

  5. Actio Performen
    Nutzen Sie Struktur und Ihre Redeelemente für die optimale Performance. In vielen Meetingräumen hängt ein Beamer unvorteilhaft und strahlt dem Präsentator ins Gesicht. Stellen Sie sich eine Art Choreo- graphie zusammen, nach der Sie die Position wechseln. Projizieren Sie gerade keine Folien, stellen Sie sich in die Mitte des Raums und zeigen Sie so die größtmögliche Präsenz. Verschiedene Positionen lockern den Vortrag auf und schaffen räumliche Ankerpunkte für Ihr Publikum.

Derzeit wird in Präsentationen keins dieser Stadien berücksichtigt. Liegt es an der fehlenden Zeit oder an fehlender Kompetenz? An der fehlenden Zeit kann es nicht liegen. Denn unnötig erstellte Folien stehlen auch Zeit. Vor allem die Zeit der Zuhörer.