Kaltenkirchen (mp/mo) Seit dem 1. Januar 2012 ist Hanno Krause Bürgermeister der Stadt Kaltenkirchen. Im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin stand er Rede und Antwort zu den nächsten Projekten und Zukunftsplänen der Stadt.

Das wichtigste Thema für Kaltenkirchen ist die dodenhof-Erweiterung. Wie ist der aktuelle Stand?
Das wichtigste Thema für Kaltenkirchen ist nicht nur die dodenhof-Erweiterung. Die wichtigste Entwicklung, die Kaltenkirchen nehmen muss, ist die Innenstadt-Entwicklung zusammen mit dodenhof. Beides braucht die Stadt: Aber eine Innenstadtbelebung durch die Bebauung um den Bahnhof hat im Moment oberste Priorität. Die Erweiterung von dodenhof spielt da natürlich mit rein, da sich das Unternehmen zu einem Markenzeichen für die Stadt entwickelt hat und einen wichtigen Anziehungspunkt darstellt. dodenhof hat eine Leuchtturmfunktion an der A7, jetzt muss uns der Schwenk gelingen, die Kunden nach oder vor ihrem Einkauf bei dodenhof zusätzlich in die Innenstadt zu bekommen.

Dann kommen wir zur Innenstadt: Die erste Schlagzeile war ja „Innenstadtbebauung am Bahnhof geht los“, die zweite Nachricht war „dodenhof ist mit 1.000 Quadratmetern berücksichtigt“. Wenn ich es richtig verstehe, dann kommt die dodenhof-Erweiterung erst nach der neuen Innenstadtbebauung. Ist das nicht ein System, das sich gegenseitig belasten kann?
Die unternehmerische Entscheidung dodenhofs, sich für das neue Bahnhofsgelände zu engagieren, schätze ich sehr, weil die Innenstadt die erhöhte Konkurrenz durch die dodenhof-Erweiterung und eventuelle Umsatzverluste fürchtet. Insofern kann das Engagement von dodenhof die Situation entschärfen und gleichzeitig profitieren die Einzelhändler von der Magnetwirkung dodenhofs. Die Geschäftsführung und auch die Familie Dodenhof haben der Stadt Kaltenkirchen zugesagt, diese bis zu 1.000 Quadratmeter Fläche für ein Outletcenter in Anspruch zu nehmen. Das hängt natürlich davon ab, wie die Konditionen sind. Das hat sowohl mit den Mietpreisen als auch mit dem letztendlichen Standort zu tun. dodenhof hat immer betont, dass es nicht einfach ist, ein zweites Standbein in der Innenstadt mit den zusätzlichen Aufwendungen aufzubauen.

Wie sicher ist die restliche Bebauung? Gibt es einen Masterplan, Mietverträge oder klare Vereinbarungen?
Also wir sind mit der Ferox Projektentwicklungs GmbH sehr glücklich, zumal diese uns wirklich die Zuversicht gibt, tatsächlich am Bahnhof mit der Bebauung zu beginnen. Das resultiert daraus, das wir schon die Bebauungsplanung, die Ferox entworfen hat, mit ihnen abgestimmt haben. Ich habe gestern erst wieder mit dem Architekten von Ferox gesprochen. Dabei ging es konkret schon um Details, wie zum Beispiel überdachte Fahrradständer, öffentliche Toiletten, Ansichten der Bebauung oder die Erweiterung der Parkpalette bis zur Hamburger Straße. Wir sind also schon sehr weit. Auch geht es beispielsweise schon darum, wie vorhandene Objekte bzw. das Gebiet an der Hamburger Straße eingebunden werden können.

Nochmal nachgefragt: Gibt es schon Zielmieter oder feste Mieter, mit denen man planen kann?
Ferox hat von der Gazit einige Mietverträge übernommen, einiges auch verändert. Es gibt einen festen Mieter, den Sky-Markt. Weitere sind im Gespräch.

Wann schlendern die Kaltenkirchener das erste Mal durch das Objekt und können einkaufen?
Wir werden im Sommer 2012 mit der Bebauung beginnen und rechnen damit, das wir zum Ende des Jahres 2013 mit der Gesamtbebauung fertig sein werden. Das hängt natürlich auch ein wenig von dem Mitspiel der Partner ab, denn es sind ja einige davon auch betroffen, darunter das Straßenbauamt und die Baugenehmigungsbehörde. Ich gehe davon aus, dass wir spätestens Anfang 2014 mit der Bebauung fertig sind.

Für die Konsumenten stellt sich dann folgende Situation dar: Sie haben Einkaufsmöglichkeiten im DOC in Neumünster, die Innenstadt in Neumünster rüstet auch gerade auf ebenso wie das CCU und das Gewerbegebiet in Henstedt- Ulzburg. Das heißt, alle um dodenhof herum sind am aufrüsten und da ist ein Abfluss der Kaufkraft natürlich vorprogrammiert. Wie geht es weiter bei dodenhof, was macht Kaltenkirchen?
Erst einmal ist diesen Ausführungen zu entnehmen, dass es höchste Zeit wird, das Kaltenkirchen nachzieht, um die Attraktivität des Standorts zu erhöhen. Da haben wir ganz klar Nachholbedarf, dem wir mit der AKN-Bahnhofsbebauung zum einen und zum anderen mit der dodenhof-Erweiterung entgegen wirken wollen. Letztere wird gegenwärtig von der Landesplanung so nicht akzeptiert, weil landesplanerische Ziele nach deren Sichtweise nicht erfüllt sind. Wir sind ein zentraler Ort als Mittelzentrum, offenbar ist die Landesplanung aber der Meinung, dass die dodenhof-Erweiterung für ein Mittelzentrum zu groß ist. Wir als Stadt Kaltenkirchen sehen das anders. Wir sehen die dodenhof- Erweiterung als dringend erforderlich an, weil Höffner, IKEA und das DOC Neumünster kommen. Wenn dodenhof auf lange Sicht bestehen will, muss es mitwachsen. dodenhof beschäftigt derzeit 700 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Für die Region, nicht nur für Kaltenkirchen, ist das Unternehmen ein sehr wichtiger Arbeitgeber und zur Etablierung dieses Arbeitgebers ist diese Erweiterung notwendig. Menschen, die sich ein besonders Einkaufsflair wünschen, wandern sonst zu anderen Einkaufscentern ab. Die Kaufkraft und gegebenenfalls auch einige der Arbeitsplätze werden dann aus Kaltenkirchen weggehen.

Zum Thema fehlende Kaufkraft: Gibt es einen Plan durch die neue Bahnhofsbebauung die Kunden auch weiter in die Innenstadt zu locken? Beziehungsweise gibt es eine Möglichkeit, diesen gemeinsam mit den Kaufleuten zu erreichen?
Das Zentrum von Kaltenkirchen ist nicht nur die Holstenstraße, von der sie gerade sprechen, sondern es betrifft auch den AKN-Bahnhofsbereich, der wie anfangs erwähnt in Planung ist. Insofern ist es notwendig die städtebauliche Lücke zwischen dem Versorgungsbereich REWE/Lidl über die Hamburger Straße zu schließen und eine Achse mit der Bahnhofsbebauung in die jetzt noch alleinige Innenstadt Holstenstraße und Grüner Markt auszuarbeiten. Diese Achse, beginnend vom Bürgerhaus, durch die Holstenstraße über den Bahnhof hinweg bis hin zu REWE, ist im Grunde genommen für uns die Innenstadt. Über diese Entwicklung müssen wir reden. Wir müssen Leerstand beseitigen und das Einkaufen in der Innenstadt attraktiver machen. Ein Anfang könnten einheitliche Ladenöffnungszeiten ohne Schließzeiten in der Mittagszeit sein. Damit geben wir den Besuchern und Kunden die Möglichkeit auf der Achse spazierend einkaufen gehen zu können. Meine Vision ist dabei auch eine Belebung der Außengastronomie um den grünen Markt. Dieser bietet sich definitiv an. Im Moment haben wir zwar einen wunderschönen Wochenmarkt dort, der findet aber nur samstags statt. Ansonsten haben wir dort relativ wenig, was Besucher zum Verweilen einlädt. Wir wollen die Kundschaft, die nach Kaltenkirchen kommt, länger in Kaltenkirchen halten und dafür brauchen wir attraktive Angebote, auch im Gastronomiebereich. Wir sollten jetzt die Chance nutzen, die Zeile Einkaufspassage, Penny, Cappuccino und Bäcker in den Grünen Markt mit einem außengastronomischen Bereich zu integrieren. Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, länger mit Freunden, Verwandtschaft oder Geschäftspartnern zu sitzen, die Sonne zu genießen oder auch in den Abendstunden ein Glas Wein zu trinken. Natürlich wird sich dann auch der ein oder andere überlegen noch einmal durch die Innenstadt zu bummeln.

Die Jungheinrich AG hat sich in Kaltenkirchen neu angesiedelt, vielleicht auch aus der Entwicklung des NORDGATE heraus. Wie sehr profitiert Ihre Stadt vom NORDGATE?
Die Konkurrenz für Gewerbeansiedlungen hat nicht abgenommen, sie hat eher zugenommen, weil auch die Unternehmen sich sehr wohl überlegen, wo sie sich ansiedeln. Ihnen bietet sich eine doch zunehmend größere Auswahl an Standorten. Dennoch ist es aus unternehmerischer Sicht, so nehme ich das wahr, sehr wichtig sich an den Hauptverkehrsachsen anzusiedeln und da spielt die A7 eine doch sehr große Rolle. Das NORDGATE ist ein Gewerbeverbund von Norderstedt bis Neumünster an der A7. Kaltenkirchen ist hier an einer glücklichen räumlichen Position direkt an der A7. Durch den Zusammenschluss der sechs Städte können wir die Region NORDGATE im Verbund wesentlich besser vermarkten, als wenn jede Stadt einzeln versucht Unternehmen für sich zu gewinnen. Wir haben gelernt, offen miteinander umzugehen. Anfragen, die uns erreichen, geben wir auch an die anderen Städte weiter. Und umgekehrt läuft es auch so. Das Unternehmen kann sich dann aussuchen, welcher Standort aus unternehmerischer Sicht am besten passt so profitieren alle davon. Das ist ja jetzt auch am Beispiel Jungheinrich deutlich geworden: Das Unternehmen ist dabei, sein Logistikzentrum nach Kaltenkirchen zu verlegen, um die Produktion in Norderstedt zu erweitern. Auch das ist ein partnerschaftliches Geschäft. Diese Gewerbeansiedlung im NORDGATE zeigt, dass die Gemeinschaft funktioniert.

Foto: Hanno Krause: „Die unternehmerische Entscheidung dodenhofs, sich für das neue Bahnhofsgelände zu engagieren, schätze ich sehr.“