Bad Segeberg (MIT) Am 4. Juli hat der Deutsche Bundestag die Einführung eines allgemeinen, flächendeckenden Mindestlohnes beschlossen. Ab dem 1. Januar 2015 gilt eine gesetzliche Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde. Allein die Tatsache, dass dieser erste Mindestlohn vom Parlament und nicht von den Tarifpartnern festgelegt wurde, kommt einem Systembruch gleich.

Trotzdem gibt es keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Der Wirtschaftsflügel der Union und mit ihm die MIT hat in den zurückliegenden Tagen wichtige Änderungen durchsetzen können, die optimistisch nach vorne schauen lassen sollten. Hier die wichtigsten:

  1. Arbeitszeitkonten bleiben vollumfänglich erhalten.
  2. Laufende Sonderzulagen gelten als Mindestlohnbestandteil.
  3. Umfassende Dokumentationspflichten wurden verhindert.
  4. Saisonarbeit bleibt auch weiterhin möglich.
  5. Freiwillige Praktika von bis zu drei Monaten bleiben vom Mindestlohn ausgenommen.
  6. Tätigkeiten im Rahmen einer Ausbildung (zum Beispiel duale Studiengänge, Volontariat) bleiben ebenfalls vom Mindestlohn ausgenommen.
  7. Für Langzeitarbeitslose wird eine Berufseinstiegsphase ohne Mindestlohn für 6 Monate ermöglicht.
  8. Die Anpassung des Mindestlohnes erfolgt nur alle zwei Jahre.
    Die Möglichkeit zur Vereinbarung von Arbeitszeitkonten wird aufgrund massiven Widerspruchs der MIT voll umfänglich erhalten bleiben. Nach Willen der SPD sollten alle auf einem Arbeitszeitkonto erfassten Überstunden schon nach zwölf Monaten ausgeglichen sein. Damit wäre das wichtige Flexibilisierungsinstrument für mittelständische Betriebe, die schnell auf Auftragseingänge und saisonale Schwankungen reagieren müssen, in Gefahr geraten.

Praktikum für 8,50 Euro?
Zudem setzte sich die MIT intensiv dafür ein, dass freiwillige Praktika künftig deutlich länger als zunächst vorgesehen dauern dürfen, bevor 8,50 Euro Stundenlohn fällig werden. Der Deutsche Bundestag hat nun beschlossen, dass in den ersten drei Monaten alle Praktika vom Mindestlohn ausgenommen sind. Andernfalls hätte ein Student, der in den Semesterferien ein achtwöchiges Vollzeit-Praktikum absolviert, bis zu 1.500 Euro brutto pro Monat gekostet. Bei längeren, freiwilligen Praktika muss erst ab dem vierten Monat Mindestlohn gezahlt werden. Damit hat die MIT zugunsten junger Menschen in der Ausbildungs- und Orientierungsphase eine wichtige Ausnahme durchgesetzt, die im Koalitionsvertrag so gar nicht vorgesehen war.

Die Evaluation beachten
Doch es gibt noch einen weiteren Punkt, der zwar wenig öffentlichkeitswirksam, dafür aber volkswirtschaftlich von erheblicher Bedeutung ist: die in das Gesetz aufgenommene Pflicht zur Evaluation. Diese muss nicht nur zeitnah und fortlaufend, sondern auch zielgenau unter besonderer Berücksichtigung verschiedener Branchen, Regionen und soziologischen Gruppen geführt werden. Sollte es aufgrund des Mindestlohnes zu Verwerfungen am Arbeitsmarkt kommen, kann diese so umgehend korrigiert werden. Die Evaluationspflicht ist dringend notwendig, damit Beschäftigung dauerhaft erhalten bleibt. Insbesondere die Wirkungen des Mindestlohnes auf junge Arbeitnehmer, strukturschwache Regionen sowie auf einige sensible Branchen müssen im Auge behalten werden. Zudem ist im Gesetz festgelegt, dass die Ergebnisse der Evaluation in die Entscheidungsfindung der Mindestlohnkommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaften einfließen müssen. Auf diese Weise werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Mindestlohnkommission wird gestärkt. Zudem wird der Mindestlohn von der Politik zurück in die Hände der Tarifpartner gelegt. Da gehört er auch hin!

MIT kämpft weiter
„Trotz dieser unbestreitbaren Erfolge bleibt natürlich ein fader Beigeschmack. Während unser Koalitionspartner mit der Rente mit 63 und dem Mindestlohn zwei seiner Lieblingsprojekte umgesetzt hat, fanden wir uns bislang in die Rolle desjenigen gedrängt, der Schlimmeres zu verhindern sucht“, so Sven Boysen, Vorsitzender der MIT im Kreis Segeberg. So kann es nicht weitergehen. Es wird Zeit, dass die Union nun ihre eigenen Projekte in den Vordergrund dieser Koalition stellt. Vor allem muss es jetzt darum gehen, wirtschaftspolitisch neue Akzente und Impulse zu setzen. Vorschläge dazu hat die MIT bereits auf den Tisch gelegt: zum Beispiel die „Flexi-Rente“. „Damit ist die größte, arbeitsrechtliche Hürde für die Beschäftigung erfahrener Fachkräfte gefallen. Doch das allein reicht nicht, wir wollen noch mehr Chancen für Beschäftigte im Rentenalter“, erklärt Sven Boysen.

Foto: „Mehr Einsatz für unsere mittelständischen Unternehmen!“ Sven Boysen, Vorsitzender der MIT Kreis Segeberg